Gemeinhin gilt der Deutsche Carl Benz als Erfinder des modernen Automobiles. Von großer medialer Aufmerksamkeit begleitet, präsentierte er sein Motordreirad und erhielt dafür 1886 das „Benz Patent-Motorwagen Nummer 1“.
Um diese Geschichte nun kritisch beleuchten zu können, müsste man den Begriff „Automobil“ erst einmal wissenschaftlich definieren. Der Begriff ist abgeleitet von griechisch [αὐτός autós, deutsch: selbst], und lateinisch mobilis [beweglich]. Geht man nun von dem Begriff Automobil aus, so ist das ein selbstfahrendes Fahrzeug, ein Selbstfahrer – also ein Fahrzeug, das mittels Motor angetrieben wird, im Unterschied zu einer Kutsche.
„Der Marcus-Wagen fuhr bereits 1870“
Dieser Grundlage zur Folge gab es also das Automobil schon viel früher. Der Wiener Siegfried Marcus beispielsweise brachte bereits 1870 einen Wagen mit Hilfe eines Zweitaktmotors zum Fahren (Marcus-Wagen). Ebenfalls zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts machte der Schweizer Issac de Rivaz bemerkenswerte Fortschritte und setzte einen Handwagen mittels Gasmotor in Bewegung. Blickt man ins alte London zurück, so erfand dort Richard Trevithick 1803 sein erstes Dampfautomobil. Um den Beweis der Fahrtüchtigkeit anzutreten, wurde damit um 1930 in London sogar eine Dampfbus-Linie eingerichtet. Die Fahrgäste nannten das Fahrzeug liebevoll den „puffenden Teufel“.
„Der Dampfwagen existiert seit 1769“
Der Dampfwagen existierte also schon lange vor Carl Benz`s Erfindung und wurde auch medial weit verbreitet. Ein Fundstück aus dem Jahre 1839 belegt dies eindeutig. Am 24. Januar 1833 schreibt das „Morgenblatt für gebildete Stände“ einen Artikel über die Anwendung von Dampfwagen zur Beschleunigung von Landreisen. Hier wird ebenfalls erwähnt, dass die Erfindung des Dampfwagens schon älter sei, ebenso findet man eine Definition des Dampfwagens.
„Man versteht unter Dampfwagen bekanntlich solche Wagen, welche, statt, wie gewöhnlich, durch die Zugkraft der Pferde, durch eine, entweder im Wagen selbst, oder in einem zweiten, mit dem ersten verbundenen Wagen angebrachte Dampfmaschine in Bewegung gesetzt werden.“
Auszug aus dem Morgenblatt für gebildete Stände, von 24. Januar 1833
„Der Fardier war das erste Automobil“
Das erste Automobil führt uns ins Jahr 1769 zurück. Der Lothringer Nicolas Joseph Cugnot konstruierte seinerzeit den ersten Dampfwagen. Er war nicht zum Personentransport gedacht, vielmehr sollte er die schweren Kanonen an der Front transportieren. So war der Cugnot-Fardier zwar kein Personenkraftwagen, aber doch ein selbstfahrendes Kraftfahrzeug.
Die erste Ausfahrt mit dem Fardier führt uns gleichzeitig zum ersten Autounfall in der Geschichte. 1771 führte Cugnot den ersten Prototypen vor und fuhr diesen direkt an die Wand. Der Wagen war schwer und kaum lenkbar, zudem besaß er keine Bremsen. Nach diesem ersten Autounfall wurde der Dampfwagen eingemottet und nicht weiter entwickelt.
Video, das belegt, dass der Cugnot-Fardier funktionstüchtig war und somit das erste selbstfahrende Fahrzeug der Geschichte war.
Wenn auch das erste motorbetriebene Auto in der Geschichte Cugnots sperriges Holzdreirad gewesen sein mag, Dampfautos hatten letztlich keine Chance gegen die Konkurrenz der Verbrennungsmotoren. Dabei hatten die Entwickler schon vor Benz und Daimler ihre Dampfboliden etabliert. Und sogar im Brockhaus-Lexikon ist nachzulesen: „Die süddeutschen Autoerfinder sind allerdings nicht generell die Erfinder des Automobils, sondern allenfalls des selbstbeweglichen Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor.“
Quellennachweis: dernostalgiker.at; Morgenblatt für gebildete Stände, 24. Januar 1833, N°21; youtube.com;
Bildnachweis: de.wikipedia.org, gemeinfrei | Dampfwagen mit „Victoria“-Anhänger (1893)